Richtiges Würzen der Lieferkette: Nachhaltigkeit in der Gewürzbranche
Warum Nachhaltigkeit in der Gewürzbranche so wichtig ist.
Egal, ob Sie Nachhaltigkeitsmanager:in in der Lebensmittelbranche sind oder auch einfach nur gutes Essen wertschätzen – Sie wissen, dass die richtigen Zutaten den Unterschied ausmachen. Doch das sollte nicht nur für die Produkte gelten, sondern auch für die Lieferketten. Denn die Gewürzindustrie ist mit vielfältigen ökologischen und sozialen Herausforderungen konfrontiert. Hier setzt das Projekt „Nachhaltigkeitsclusterung von Gewürzen“ an, das vom ZNU – Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung der Universität Witten/Herdecke unter der Leitung von Julius Wenzig durchgeführt wurde. Unterstützung erhielt das Projekt von Dr. Ulrike Eberle als Senior Advisor und wurde von der Adalbert-Raps-Stiftung finanziert. Ziel des Projekts war es, Wege und Strategien für nachhaltigere Lieferketten im Gewürzsektor aufzuzeigen und praxisnahe Lösungen für mittelständische Unternehmen zu entwickeln. Daraus entstanden sind zwei Studien und ein 6-teiliges Workshopformat, das Sie in unserer Mediathek finden.
Unsere Erkenntnisse: Was ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement wirklich ausmacht
Im Projekt haben wir bestehende Initiativen untersucht und die spezifischen Herausforderungen der Gewürzbranche analysiert. Dabei zeigte sich, dass Nachhaltigkeitslabels oft nicht den erhofften positiven Einfluss auf die Bedingungen der Erzeuger vor Ort haben. Viele Studien belegen, dass die Unterschiede zwischen zertifizierten und nicht zertifizierten Produkten in sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekten gering sind. Biolabels haben zwar positive Effekte auf Biodiversität und Energieverbrauch, doch reichen sie allein nicht aus, um die gesamte Lieferkette nachhaltig zu gestalten. Sie wirken zwar positiv auf organische Substanzen und Energiebedarf, doch beim Eutrophierungs- und Versauerungspotential, Flächenverbrauch und Klimawandel bleibt der Effekt begrenzt. Was also tun, um die Nachhaltigkeit in Ihrer Gewürz-Lieferkette zu steigern?
Direkte Zusammenarbeit mit Lieferanten: Verlassen Sie sich nicht allein auf Zertifikate und Labels. Gehen Sie aktiv auf Ihre Lieferanten zu und entwickeln Sie gemeinsam nachhaltige Lösungen. Ein gutes Beispiel ist Nedspice, das in Indien und Vietnam Schulungsprogramme zur Reduzierung des Pestizideinsatzes und Verbesserung der Bodenqualität umgesetzt hat. Der Schlüssel liegt hierbei in einem geschlossenen Lieferkettenmanagement, das sich auf direkte Partnerschaften und volle Transparenz entlang der gesamten Lieferketten konzentriert. Dies ist eine Weiterentwicklung zum offenen Lieferkettenmanagement, bei dem die Zusammenarbeit häufig mit den wichtigsten First Tier Lieferanten stattfindet. Häufig beschränkt es sich auch nur auf eine Lieferant:innenbewertung. Zu mehr Nachhaltigkeit führt ein offenes Lieferkettenmanagement nur, wenn die wichtigsten Lieferant:innen über ein ausdifferenziertes und effektives Nachhaltigkeitsmanagement verfügen und ihrerseits ihre Lieferant:innen mit in die Entwicklung einbeziehen (Wilhelm et al., 2016).
Beteiligung an Multi-Stakeholder-Initiativen: Initiativen wie die „Sustainable Spices Initiative (SSI)“ und das „National Sustainable Spice Programme (NSSP)“ in Indien bieten wertvolle Plattformen, um gemeinsam mit anderen Akteuren nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Hier können Sie nicht nur von den Erfahrungen anderer profitieren, sondern auch gemeinsame Anstrengungen bündeln und effektiver agieren.
Implementieren Sie systematisch arbeitendes Nachhaltigkeitsmanagementsystem: Der ZNU-Standard „Nachhaltiger Wirtschaften“ bietet eine strukturierte Möglichkeit, Ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Unternehmen wie Ritter Sport nutzen diesen extern zertifizierbaren Managementprozess, um ihre Lieferketten nachhaltiger und gleichzeitig wettbewerbsfähiger zu gestalten. Achten Sie ebenfalls darauf, dass Ihre Lieferant:innen ein funktionierendes Nachhaltigkeitsmanagement etabliert haben.
Wie wir Gewürze in Cluster packen und warum das für Sie wichtig ist.
Im zweiten Schritt unseres Projekts haben wir Gewürze nach ihren spezifischen Herausforderungen in verschiedene Cluster eingeteilt. Was heißt das für Sie? Ganz einfach: Jedes Gewürz bringt seine eigenen Nachhaltigkeitsprobleme mit sich, und deshalb brauchen Sie maßgeschneiderte Lösungen.
Muskatnuss – Nachhaltigkeit im Agroforst Nehmen wir die Muskatnuss. Sie wird vor allem in Monokulturen angebaut, was den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden in die Höhe treibt. Doch es geht auch anders: Agroforstwirtschaft, bei der Muskatnuss zusammen mit anderen Pflanzen angebaut wird, fördert die Biodiversität und reduziert den Bedarf an Chemikalien. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht. Mit den richtigen Partnern und einer klaren Strategie können Sie solche Ansätze auch in Ihrer Lieferkette umsetzen.
Pfeffer – das schwarze Gold mit Nachhaltigkeitsproblemen Pfeffer, das „schwarze Gold“, ist aus keiner Küche wegzudenken. Aber wussten Sie, dass der Pfefferanbau oft mit erheblichen Umweltproblemen verbunden ist? Hoher Pestizideinsatz und Wassermangel sind nur zwei der Herausforderungen. Aber hier gibt es Lösungen: Unternehmen, die wir untersucht haben, setzen auf integrierte Schädlingsbekämpfung und wassersparende Bewässerungstechniken – und das mit großem Erfolg. Diese Maßnahmen könnten auch für Ihr Unternehmen den Unterschied machen.
Identifikation der Hot Spots: Wo brennt es in der Gewürzbranche wirklich?
In unserem Projekt haben wir nicht nur die bestehenden Initiativen und Labels analysiert, sondern auch einen detaillierten Blick auf die sogenannten Nachhaltigkeits-Hot Spots in der Gewürzbranche geworfen. Diese Hot Spots sind kritische Punkte in der Wertschöpfungskette, die erhebliche ökologische oder soziale Risiken bergen. Durch die Identifikation dieser Hot Spots können Unternehmen gezielter und effektiver Maßnahmen ergreifen, um ihre Lieferketten nachhaltiger zu gestalten.
Beispielsweise zeigte sich in der Analyse, dass der Einsatz von Pestiziden in der Capsicum-Produktion, insbesondere in China und Indien, ein gravierendes Problem darstellt. Diese Pestizide können sich negativ auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen vor Ort auswirken. In der Pfefferproduktion in Vietnam, Indien und Malaysia sind der unsachgemäße Einsatz von Düngemitteln ein wesentlicher Hot Spot, der zur Auswaschung von Nährstoffen und zur Verschmutzung von Gewässern führen kann.
Workshops: Lernen, wie es geht
Wir wissen, dass Theorie schön und gut ist, sie aber auch in die Praxis umgesetzt werden muss. Deshalb haben wir zusammen mit der Adalbert-Raps-Stiftung eine Reihe von Workshops entwickelt, die konkrete Handlungsmöglichkeiten und Branchenerfahrungen beinhalten, wie Ihr Lieferkettenmanagement von Gewürzen und anderen pflanzlichen Rohstoffen nachhaltiger gestaltet werden kann.
Themen der Workshops:
Land und Boden (vom 25.09.2023) – Wie sieht eine nachhaltige Land- und Bodennutzung aus und wie können Landnutzungsänderungen und Entwaldung vermieden werden?
Wasser (vom 02.11.2023) – Wie kann die Wassernutzung entsprechend der Verfügbarkeit gestaltet werden und die Wasserqualität erhalten bleiben?
Verschmutzung (vom 12.12.2023) – Welche Einträge entlang der Lieferketten belasten die Umwelt und wie können diese vermindert und vermieden werden?
Klima (vom 30.01.2024) – Welche Prozesse entlang der Lieferkette belasten das Klima und was sind wirksame Ansätze und Maßnahmen zur Verminderung der Treibhausgase?
Menschenrechte (vom 27.02.2024) – Wie können Menschenrechte effektiv gewahrt werden und wo treten Verletzungen dieser entlang der Lieferketten auf?
Lieferkettenmanagement (vom 14.03.2024) – Wie können Unternehmen effektiv Einfluss auf ihre Lieferketten nehmen und mit ihren Lieferant:innen zusammenarbeiten?
Diese Workshopaufzeichnungen stehen Ihnen kostenlos zur Verfügung – schauen Sie einfach auf unserem YouTube-Kanal vorbei.